On the ... sunny side of the street |
Mittwoch, 21. August 2013
7 Er war geizig. Für nichts gab er Geld aus außer für Bücher. Sie waren um ihn in seiner Bibliothek. Sie waren bei ihm. Das Heiligtum lagerte im Tempel. Ich kaufte die Bücher, von denen er sprach. Ich kaufte die Bücher, die er angefasst hatte. Ich zählte kein Geld. Seine Liebe zu den Büchern verwechselte ich mit Liebe zu Gedanken und Freiheit. Aber die Bücher widersprachen nur nicht. Die Bücher verwirrten nicht. Die Bücher veränderten sich nicht. Er las dieselben Dinge immer wieder. Ich schenkte ihm ein neues Buch. Ich schenkte ihm neue Gedanken. Ich schenkte ihm Freiheit. Doch er ging wieder denselben Weg an dieselben Orte. „Knie dich vor mich hin.“ Er drückte mein Gesicht gegen seine Jeans. Ich spürte ihn, ohne zu atmen und ohne zu denken. Es kam keiner die Treppe hinunter. Er beugte mich vor. Seine Hose stand offen. Meine Hände lagen auf dem Geländer. Kurz fühlte ich das dunkle Wesen in ihm. Die Gefahr, die von ihm ausging. Ich kannte ihn nicht. Doch dann nahm er mich in den Arm. WHEN THE MUSIC’S OVER ... Link Freitag, 16. August 2013
6 Sex ist zuerst entweder Worte oder Blicke. Bei ihm waren es Blicke, während er über Herodot sprach. Während er über Tempelhuren in Babylon sprach. Er sprach mit Verständnis, er sprach mit Liebe. Er sagte Dinge, die mir neu waren. Wir wahrten Abstand – genau einen halben Zentimeter. Er testete mich. Ich nahm alles hin. Er leckte das Blut von seinen Lippen. Auch er nahm alles hin. Er verstand alles. Er verstand jedes Bedürfnis. Ich fiel herein. Ich dachte, er wolle auch alles. Manchmal lächelte er. Sommerregen fiel hernieder. Sommerregen fiel auf den Pergamonaltar, auf das Buch in seiner Hand, auf die Stellen meines Körpers, die er berührte, wie zufällig. Ich versank. DOLL IS MINE ... Link Sonntag, 30. Juni 2013
5 Ich fuhr viel mit der S-Bahn damals. Zuerst stieg ich früher aus. Dann nicht mehr. Ich fuhr bis zum Ende mit. Ich log zu Hause. Ich stand allein auf dem windigen Bahnsteig. Mein Blick klebte an der Kreuzung. Er sah sich um, jedes Mal. Das schon. Dann war er weg. Für eine ganze Woche. Ich hatte wieder nichts gefragt. Er baute eine Wand um sich, in jeder Sekunde. Ich konnte sie durchbrechen. Es war mühsam. Doch er roch nach Leder, in der Bahn. Er suchte jedes Wort mit Sorgfalt aus, das er sprach. Jede Silbe hatte Bedeutung. Dachte ich. Ich interpretierte viel. Immer konnte ich dankbar sein, dass er mich mitnahm. Er wäre auch allein gefahren. Und ich war dankbar. Demut. Er war autark. Innen war er klein. Der Sohn seiner Mutter. Vor Quelle-Katalogen rutschend. Er steckte in sich fest. Ich holte ihn hervor. Er versprach Dinge. Ich glaubte. Ich interpretierte. TURQUOISE BOY ... Link Donnerstag, 13. Juni 2013
4 Das Wort „Danke“ habe ich nie gehört. Aber meine inneren Verkrustungen begannen zu schmelzen. Ich lernte die Macht. Ich fand Worte, die auch sie zu Hause erlösten. Harte Worte. Ich fand Erleichterung. Sie half durch lange Sommer. Doch schon im November fiel er in den Winterschlaf. Nach dem ersten langen Sommer gab er auf. Er redete von seinen Narben, den inneren und äußeren. Er beschrieb mich. Er erkannte mich. Er begehrte mich. Aber er ging nichts mit mir trinken. Der Zeitplan. Sein Zeitplan. Die erste Berührung am Lenker meines Fahrrades schwemmte mich hinweg. Und das Warten begann. Ich wollte das, was andere fürchteten. Ich wollte das, was andere schwierig fanden. Aber sie hatten recht. Der abrupte Wechsel der Sprache und des Themas mitten im Satz machte mich hilflos. „Ich will dich ficken.“ Seine Leine für mich war sein Blick, der endlose und rare Blick. KNIVES OUT ... Link Montag, 10. Juni 2013
3 Ich lernte Demut. Doch ich lernte die Demut eines Hundes. Ich lernte das Warten. Wilde Tiere fängt man mit Geduld. Das ist eine Lüge. Untauglich bin ich, Fallen zu stellen. Ich fiel in seine. Meine einzige Macht war die sexuelle. Wir waren im Keller. Seine Hand lag um meinen Hals, vollständig. Eine Hand reichte aus. „Ich könnte dich erwürgen, wenn ich wollte. Du hättest keine Chance.“ Ich schloss die Augen. Ich hatte Angst. Ich war erregt. Der Wolf zeigte sich endlich. Er küsste mich heftig. Ließ los. Ging sofort weiter, zurück ins Licht. „Halt“, wollte ich rufen, „Bleib hier“. Aber ich hörte meine Stimme nicht. Meist war er langsam. Wenn er ging, war er schnell. Geflüsterte Worte kitzelten in meinem Kopf. Sie füllten mich. Anfangs waren sie pornografisch. Später wurden sie dunkel. Doch er war immer da. Mit seiner sicheren Hand. Der Hand, die nicht tötete, sondern hielt. Mit dem Geruch nach Kreide und Seife. Ein weißer Geruch. ON THE WATER ... Link ... Nächste Seite
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